Informationen zum Auspulsieren der Nabelschnur

Die medizinische Vorsorge für das eigene Kind durch die Einlagerung von Stammzellen aus der Nabelschnur erfordert nicht das sofortige Abnabeln nach der Geburt.

Liebe werdende Eltern,

Ihr denkt darüber nach, Stammzellen aus dem Nabelschnurblut zur medizinischen Vorsorge für Euer Kind aufzubewahren, seid aber unentschlossen, weil Ihr erfahren habt, dass hierfür das frühere Abnabeln Eures Kindes empfohlen wird? Wir möchten Euch hier wichtige Informationen zum Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Abnabelns und der zu gewinnenden Menge an Nabelschnurblut mit auf den Weg geben.

Stammzellen als Vorsorge für Euer Kind und zusätzlich das nötige Blutvolumen für einen guten Start ins Leben zu gewinnen, ist möglich! Deshalb ist zunächst auch keine Eile beim Abnabeln geboten.


Wie kann das Neugebore vom Auspulsieren der Nabelschnur profitieren?

Das Neugeborene erhält mit dem Blutfluss, der nach der Geburt stattfindet, noch eine extra „Reserve“, die es nutzen kann, um seinen Eisenspeicher aufzufüllen.

Kann das Auspulsieren der Nabelschnur auch Nachteile mit sich bringen?

Ja – Studien haben gezeigt, dass Kinder, die früh abgenabelt wurden, zwar 24 bis 48 Stunden nach der Geburt einen etwas verminderten Gehalt an Hämoglobin im Blut (1,49g/dl) hatten (bei späteren Untersuchungen zeigten sich Normalwerte), später abgenabelte Kinder im Gegenzug aber ein höheres Risiko für eine behandlungsbedürftige Neugeborenen-Gelbsucht aufweisen. Diese entsteht unter anderem durch den Übertritt von Blutgruppen-Antikörpern der Mutter in den kindlichen Kreislauf. Die betroffenen Kinder sind müde und trinkfaul, das Stillen oder Füttern während dieser Zeit ist mühsam und zeitintensiv. Nicht wenige Mütter geben aus diesem Grund ihr Vorhaben „ausschließlich zu stillen“ auf.

Was heißt eigentlich “Auspulsieren”?

Hat die Nabelschnur auspulsiert (d.h. das Pulsieren der Nabelschnur hat aufgehört – dies kann einige Minuten dauern), ist der Blutfluss zwischen Placenta und Kind beendet. Die Nachgeburtsphase beginnt. Die Chance, dann noch Nabelschnurblut für eine Einlagerung zu gewinnen, ist außerordentlich gering. Die ausreichende Menge für eine Nabelschnurblutspende für die Allgemeinheit (hier wird in der Regel eine größere Menge benötigt) zu generieren, ist sogar nahezu ausgeschlossen.

Die gegenteilige Vorgehensweise ist das sofortige Durchtrennen der Nabelschnur. Noch vor einigen Jahren wurde dieses vor allem zur Vermeidung schwerer Nachblutungen der Mütter empfohlen. In Studien konnte aber nachgewiesen werden, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen dem Zeitpunkt des Abnabelns und möglichen Komplikationen in der Nachgeburtsphase, so dass diese Praxis wieder verlassen wurde. Es gibt Ausnahmen, in denen sofort abgenabelt werden muss, z.B. wenn das Neugeborene sofort ärztlich versorgt werden muss oder mütterliche Komplikationen eintreten.

Mit dem Durchschneiden der Nabelschnur wird die Trennung von Mutter und Kind vollzogen. Das Durchschneiden der Nabelschnur ist ein besonderer Moment, der besondere Beachtung verdient.Schon zu Zeiten als das Konservieren von Stammzellen noch gar nicht möglich war, wurde in der Fachwelt über den optimalen Zeitpunkt des Abnabelns diskutiert. Würde man überhaupt nicht in den natürlichen Verlauf einer Geburt eingreifen, blieben Kind und Placenta solange verbunden bis die Nabelschnur eingetrocknet wäre und auf ganz natürliche Weise abfallen würde. Man spricht hier von einer „Lotusgeburt“.

So kann Euer Kind doppelt profitieren

Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft der Gynäkologen und Geburtshelfer (DGGG) sollte das Neugeborene nach 1 bis 1,5 Minuten abgenabelt werden. Die amerikanische Fachgesellschaft empfiehlt das Abnabeln des reifen Neugeborenen sogar schon nach 60 Sekunden, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach 1-3 Minuten. Die Empfehlungen basieren auf zahlreichen Studien. Wenn man sich mit dem Zeitpunkt des Abnabelns im Rahmen der national und international von den Fachgesellschaften empfohlenen Zeiten bewegt, kann Euer Kind von dem Blutfluss durch die Plazenta nach der Geburt profitieren und es bleibt trotzdem ein ausreichendes Volumen für die Einlagerung von Stammzellen.

Der optimale Blutfluss von der Placenta zum Kind ist gewährleistet, wenn das Neugeborene direkt nach der Geburt ca. 20 cm unter Plazentaniveau gehalten wird, auch das hat sich in einer Studie gezeigt. Der größte Blutfluss aus der Plazenta zum Kind findet nach der Geburt innerhalb der ersten 30 Sekunden statt.
Wird demnach Euer Kind, wie es wohl in allen geburtshilflichen Einrichtungen üblich ist, unmittelbar nach der Geburt auf die Brust der Mutter gelegt – das heißt über Plazentaniveau – ist der Blutfluss vermindert. Jedes Entbindungsbett lässt sich im vorderen Bereich absenken, so dass das Neugeborene für 30 Sekunden tiefer liegen und das Blutvolumen in ausreichender Menge fließen könnte. In der Hocke oder auf dem Entbindungshocker ist dies noch einfacher durchzuführen. Das Baby wird auf die weiche Unterlage in ein warmes Tuch geboren, nach 30 Sekunden nimmt die Mutter ihr Kind selbst zu sich. Mit dieser sehr einfachen Maßnahme ließe sich also der Blutfluss zum Kind optimieren. Außerdem konnten die Eltern ihr Kind anschauen und in Achtsamkeit dieses kleine Wunder betrachten, bevor die Mutter ihr Kind mit eigenen Händen aufnahm und zu sich holte.

Die Idee ist entstanden, weil Mütter beim Entlassungsgespräch öfter berichtet haben, dass sie ihr Kind nach der Geburt überhaupt nicht „richtig“ betrachten konnten. Später habe ich im Bezug auf „Bonding nach der Geburt“ erfahren, dass die Förderer der Mutter-Kind-Bindung dies auch empfehlen: Die Mutter soll selbst entscheiden, wann sie ihr Kind in die Arme nimmt.

Die medizinische Vorsorge für das eigene Kind durch die Einlagerung von Stammzellen aus der Nabelschnur erfordert also nicht das sofortige Abnabeln nach der Geburt. In den ersten 30 Sekunden nach der Geburt fließt das meiste Blut von der Plazenta zum Kind, so können die Eisenspeicher aufgefüllt werden. Dieser Vorgang wird noch begünstigt, wenn das Neugeborene ca. 20 cm unter Plazentaniveau gehalten wird.

Solltet Ihr noch Fragen dazu haben, könnt Ihr Euch gerne jederzeit telefonisch unter 041 541 23 48 (kostenfrei) oder per E-Mail an den Vita 34-Kundenserivce wenden – info@vita34.ch

Nützliche Tipps für die Geburt

Die Geburt im Detail zu planen, macht wenig Sinn. So individuell wir Menschen sind, so individuell sind die Geburtsverläufe. Dies macht es fast unmöglich, etwas festzuschreiben. Dennoch können eigene Gedanken und Wünsche formuliert werden. Einige davon findet Ihr als Grundlage in einem praktischen Leitfaden zur Vorbereitung einer achtsamen Geburt.

Sehr praktisch ist es auch, eine kleine Tasche für den Kreißsaal herzurichten und die restlichen Dinge in eine zweite Tasche zu packen, die noch im Auto bleibt. Was aber eigentlich in den Klinikkoffer hinein sollte, erfahrt Ihr anhand der Checkliste „Was kommt in den Klinikkoffer“.

 

Alles Gute für die Geburt Eures Kindes wünscht Euch

Susanne Lewerenz
Hebamme

Zur Autorin: Susanne Lewerenz hat drei Kinder, verfügt über 30 Jahre Berufserfahrung als Hebamme und ist als Fachberaterin für Hebammen und Ärzte tätig.